Die Bauten auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände, der Berliner Reichstag und viele deutsche Kriegerdenkmäler haben eines gemeinsam: Sie sind alle zum Teil oder sogar vollständig aus Steinen aus dem Steinbruch in Flossenbürg gebaut.
Das kleine Dorf nahe der Grenze zu Tschechien wirkt unscheinbar und man tut sich schwer zu glauben, dass es Teil eines der größten Kriegsverbrechen der Menschheit gewesen ist: dem Holocaust. Denn von 1938 bis 1945 stand hier ein Konzentrationslager, das den Tod von Tausenden von Häftlingen zu verschulden hat.
Da in der 9. Jahrgangsstufe der Holocaust ein sehr wichtiges Thema im Geschichtsunterricht ist, findet auch dieses Jahr die Exkursion der 9. Klassen in die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg statt. In einer Führung werden die Schüler über die Massenvernichtung von Juden auch innerhalb Deutschlands aufgeklärt. Die Rundtour teilt sich in zwei Teile, nämlich das Konzentrationslager selbst und den nahegelegenen Steinbruch, der auch heute noch in Betrieb ist.
Nachdem der Flossenbürger Steinbruch in den 30er Jahren von den Nazis übernommen wurde, arbeiteten bis zu 2000 Häftlinge des KZs gleichzeitig an dem Berg und brachen Steine als Baumaterialien. Allein im Steinbruch ließen schon sehr viele Gefangene ihr Leben durch Sprengungen, Hunger, misslungene Fluchtversuche, die Brutalität der dortigen Aufseher oder durch die unmenschlichen und entkräftenden Arbeitsbedingungen selbst. Der Steinbruch wurde jedoch nicht nur von KZ-Häftlingen betrieben, denn sowohl zivile Bauarbeiter als auch Lehrlinge verrichteten schon vor der Machtübernahme Hitlers hier ihre Arbeit, und taten dies auch weiterhin als 1938 die ersten Zwangsarbeiter des Konzentrationslagers hinzukamen.
Als die Gruppe schließlich wieder zurück auf der Fläche der Gedenkstätte war, meinte ein Schüler: „Kaum zu glauben, dass hier mal ein Konzentrationslager stand…“. Tatsächlich kann man auf den ersten Blick nicht sofort erkennen, wo das eigentliche Lager war, denn von dem ehemaligen KZ sind nur noch wenige Gebäude und die Gedenkstätte erhalten.
Unsere Gruppenleiterin erklärt uns, dass die Häftlinge, anfangs nur aus Deutschland später hauptsächlich aus dem Osten kamen. Sobald sie in dem von starkstromumzäunten Gelände angekommen waren, wurden sie als erstes komplett rasiert. Und anschließend mit abwechselnd heißem und kaltem Wasser aus Feuerwehrschläuchen abgeduscht, wobei manche besonders geschwächte Menschen bereits starben. Danach bekamen sie eine Zahl zugeteilt. Zahlen - der Name existierte ab hier nicht mehr, nur noch die zugeordnete Nummer. Ihre Häftlingskleidung, die nur aus Hose und Hemd aus dünnem Stoff, einer Mütze und Holzschlappen bestand, bekamen sie danach.
Jeden Morgen wurden alle Häftlinge, in den letzten Kriegsjahren bis zu 15000 Männer, auf dem Appellplatz versammelt um dort gezählt zu werden bzw. ihre Strafe wie Prügelschläge zu erhalten. Sogar die Toten aus dem Steinbruch wurden hierher zurückgetragen um gezählt zu werden. Auf diesem Platz stehen wir jetzt auch. Es ist schwierig aber auch gleichzeitig erdrückend sich vorzustellen, dass das alles erst vor knapp 70 Jahren passiert ist und wir jetzt dort selber stehen.
Im Anschluss wird uns erzählt, dass die Männer in Gebäuden geschlafen haben, den sogenannten Baracken, die einfach ohne Boden auf die Erde gebaut wurden. In den ursprünglich für jeweils 200 Häftlinge ausgelegten Schlafbauten haben am Ende bis zu 1000 Männer geschlafen. Logisch, dass die Verhältnisse beengt und unhygienisch waren. Das Leben der Gefangen bedeutete den SS-Soldaten nichts. Die Toten, deren Zahl um 1944 drastisch anstieg, wurden im Krematorium unterhalb des Lagers verbrannt, bis zu 60 Leichen pro Tag.
Insgesamt arbeiteten in dem 1938 errichteten Flossenbürger Konzentrationslager 100.000 Menschen, von denen sehr viele – zu viele – nicht überlebten. Die letzten Häftlinge wurden 1945 auf Todesmärschen zu anderen Konzentrationslagern getrieben.
Heute dient der Ort als jüdische und christliche Gedenkstätte. Und soll an das massenhafte Sterben und die Grausamkeit des Regimes erinnern. Auf dem Friedhof, der dort angelegt wurde, wurden ein paar Jahre später die vielen Toten der Todesmärsche begraben und ihnen so ein Ort der letzten Ruhe gegeben.
Nach der Führung und einem Film mit Zeitzeugen, in dem das Lager noch einmal aus der Sicht der Häftlinge geschildert wurde, gehen wir bedrückt in Richtung Busse zurück und fahren mit der Erkenntnis, dass sich so etwas Schreckliches nie wiederholen darf, wieder nach Spardorf.
1.4.2014; Fabian Neumann, Sarah Wittmann (9B)